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»Ein Ghettohaus in Köln«
27 Februar | 19:00 - 20:30
Vortragsveranstaltung zur Nutzung des jüdischen Gymnasiums Jawne als Ghettohaus 1941–1942
Wir „wohnen“ in dem kleinen Zimmer, in dem letztes Jahr unser Kurs von 8-9 stattfand. Das kleine Stückchen dunkler Flur davor ist unsere Küche, Badezimmer usw. und in dem anschließenden Klassenzimmer links schlafen die Söhne… (Brief von Direktor Erich Klibansky an Bruno Kisch, 22. Oktober 1939)
Zu Beginn des Jahres 1939 rechnen Meta und Erich Klibansky fest damit, bald nach Großbritannien umsiedeln zu können. Ihre Wohnung geben sie auf und beziehen ein – wie sie annehmen – vorübergehendes Quartier in Schulräumen der Jawne. Ihre Hoffnungen zerschlagen sich mit der Deportation am 20. Juli 1942 nach Minsk.
Die Geschichte der Jawne und der angrenzenden Synagoge der Gemeinde Adass Jeschurun im Herzen der Stadt, ist eng verbunden mit der Rettung von jüdischen Kindern und Jugendlichen durch den Leiter der Schule Dr. Erich Klibansky. 1939 gelang es ihm, vier Kindertransporte zu organisieren, die annähernd 130 Schülerinnen und Schülern der Jawne ein Überleben in England boten.
Ab Mitte 1941 war ein geregeltes Schulleben kaum noch möglich, weil die Nationalsozialisten das Schulgebäude und die angrenzende Synagoge zu einer Zwangsunterkunft für Kölner Jüdinnen und Juden bestimmten. Nach dem Verbot jeglichen Unterrichts für jüdische Schüler:innen im Sommer 1942 füllten sich die Räume der Jawne mit Menschen, die von den Nationalsozialisten aus ihren Wohnungen und Häusern vertrieben wurden. Vor den Deportationen hatten sie sich in „Ghettohäusern“ einzufinden. Für Hunderte von Jüdinnen und Juden wurde das Schulgebäude der Jawne, wie auch die angrenzende Synagoge, vom Ort des Lebens zum Ort des Schreckens.
Birte Klarzyk, wissenschaftliche Mitarbeiterin für jüdische Geschichte im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, referiert den aktuellen Forschungsstand zum Thema Zwangsunterbringung im Nationalsozialismus in Köln.
Petra Pluwatsch, Autorin des Buches Verfolgt und nicht vergessen – Geschichten hinter den Stolpersteinen und frühere Chefreporterin des Kölner Stadt-Anzeigers, stellt eine Biografie vor, die eng mit der Jawne als „Ghettohaus“ verbunden ist: die Geschichte der Mathilde Joseph.
Christiane Wende-Kreisel, hat das Schicksal von Mathilde Joseph zum Lern- und Gedenkort geführt – seitdem engagiert sie sich dort ehrenamtlich.